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Whatsapp gibt Telefon-Nummer an Facebook – warum das mehr ist, als nur eine Datenschutz-Änderung

August 26th, 2016 — 6:10am

Ich habe ja bekanntermaßen keine großen Berührungsängste, was Werbung mit Targeting anbelangt oder generell datengetriebene Geschäftsmodelle (nur falls das jemand in den Kommentaren zu leaken plant). Aber bei der aktuellen Meldung, dass Whatsapp nun die Telefonnummer an Facebook weitergibt, fröstelte mir doch kurz ein wenig.
Für die meisten liest sich die Meldung wie eine irgendwie erwartbare Anpassung der Datenschutzbestimmungen nach der Übernahme durch Facebook – vor allem aber liest es sich eigentlich nicht so schlimm, oder? Tochter gibt der Mutter Mobilfunknummer ihrer Kunden weiter (diese können auch widersprechen). Letztlich irgendwie auch harmlos. Allerdings muss man genau lesen, denn hier und dort heißt es, Facebook hätte damit die Möglichkeit, Nutzern bessere Angebote zu machen von Anbietern, die ebenfalls über die Telefonnummer des Kunden verfügen. Tatsächlich gibt es bei Facebook schon seit längerem für Werbekunden die Möglichkeit, ihre Kundendatenbanken hochzuladen und mit der Facebook-Kundendatenbank zu matchen, z.B. anhand von E-Mails, oder eben auch anhand von Telefonnummern. Nur war es bisher so, dass in vielen Fällen dieser match nicht klappte, z.B. weil Leute auf Facebook mit anderen E-Mails arbeiten oder weil sie ihre Telefonnummer dort nicht ablegen…
Der ganze Whatsapp-Deal macht jetzt schlagartig nochmal neuen Sinn und diese Änderung der Datenschutzbestimmungen ist deutlich mehr als nur eine kosmetische Korrektur. In Zukunft werden also Firmen, die irgendwo mal an eure Telefonnummer gekommen sind, mit einfachsten Möglichkeiten euch Werbebotschaften zustellen können und zwar personalisierte. Also wirklich im Sinne von “Mayer, warum sind sie gestern so schnell aus dem Laden gestürmt?” Und das nicht nur auf Facebook, sondern zunehmend auch außerhalb, denn FB baut die Möglichkeiten, die eigenen Daten auf Fremdwebsites fürs Targeting zu nutzen, permanent aus (wie Google übrigens auch).
Schön ins Bild dazu passt natürlich, dass Mobilfunk-Anbieter zunehmend am Datenbusiness teilnehmen wollen und Anbietern ebenfalls ermöglichen, zusätzliche soziodemographische Daten zur Mobilfunknummer anzureichern.
Damit wird die Mobilfunknummer langsam zu einer Art universal identifier, mit dem Tracking und Targeting über alle Grenzen hinweg möglich ist. Im Vergleich dazu erscheinen die bisherigen Cookies wie eine Werbetechnologie aus einer Folge der Waltons.
Das muss man im Effekt nicht schlecht finden, aber mich besorgt schon zunehmend, wie da en passant eine immer größer werdende, nun auch voll personalsierte Datenbank* entsteht, die unglaublich viele Details zu den jeweiligen Personen enthält und jetzt außerdem eindeutig der jeweiligen Person zugeordnet werden kann. Und: Es wird langsam fast unmöglich, das Internet pseudonym/anonym zu nutzen. Das ist nicht nur für Menschen, die Schutz benötigen, eine schlechte Nachricht, sondern generell für das Netz als ein Ort der offenen und kreativen Kommunikation.

*Es sind tatsächlich sogar viele Datenbanken, die sich permanent untereinander synchronisieren.

17 comments » | Netzpolitik

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