Was Gabriel nicht gesagt hat

Heute hat Sigmar Gabriel in einem Artikel in der FAZ auf die Snowden/Prism/Tempora Affäre reagiert. Da war ich erstmal guter Dinge, weil endlich mal ein hochrangiger Politiker zu dem Thema Stellung zu beziehen und das Ausmaß des Problems ernst zu nehmen schien.
Aber zwei Dinge haben meiner Ansicht nach daraus einen veritablen Rohrkrepierer werden lassen. Zum einen der unsägliche Vergleich von Prism mit Online-Werbung und deren Datensammlerei. Ich will die Industrie gar nicht verteidigen, aber der Vergleich ist einfach unerträglich falsch und vor allem verharmlosend. Geht es hier um Standards für Datenschutz und Trackingeinstellungen für die Aussteuerung von Banner-Werbung, müssen wir bei Prism und Co von massiven staatlichen Eingriffen in die Privatsphäre der User ausgehen, die in keinster Weise legitimiert sind und in intimste Sphären der Kommunikation vordringen. Auch wenn es Wahlkampf ist, diese Unterscheidung muss man erwarten wenn sich jemand ernsthaft mit dem Prism-Problem auseinandersetzen will.
Aber es gibt noch einen wichtigeren Punkt den man hätte machen müssen, wenn es ein ernsthafter Beitrag, eine wirkliche Kritik am Handeln der Geheimdienste hätte sein sollen. Und natürlich wenn man es als Bekenntnis eines Parteivorsitzenden ernstnehmen sollte mit solchen Dingen Schluss zu machen, sobald man an die Regierung kommt.
Ich hätte mir gewünscht, Gabriel hätte sich mit den Wurzeln des Problems in der eigenen Partei auseinandergesetzt, die vor allem aus der Schily-Zeit stammen. Ein “wir selbst haben daran mitgewirkt und müssen heute erkennen, dass wir mit den damaligen Initiativen zu weit gegangen sind” hätte dem Artikel gut zu Gesicht gestanden Herr Gabriel. So kann man sich des Eindrucks der Wahlpropaganda nicht ganz erwehren – selbst für den Fall, dass die Empörung eine ernstgemeinte ist.

Ach und noch eine Anmerkung, weil ja gerne auf die aktuell diskutierte Datenschutzverordnung der EU verwiesen wird in dem Fall – das Handeln staatlicher Sicherheitsbehörden ist explizit von dieser Verordnung ausgenommen worden und soll in einer speziellen Direktive geregelt werden (die den Staaten viel mehr Handlungsspielraum für eigene Anpassungen lässt). Wer also den Eindruck erweckt mit einer harten Verordnung würden man den Geheimdiensten das Leben schwer machen erzählt schlicht die Unwahrheit.

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