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Ihr fragt ob #Aufschrei was bewirkt hätte, really?

March 28th, 2013 — 11:49am

Heute das Interview mit Anne Wizorek aka @marthadear auf EinsLive zu Aufschrei gehört. Dabei stellte der Moderator die Frage, was denn die #Aufschrei-Debatte bisher gebracht hätte.
Da musste ich kurz Luft holen, denn mein Eindruck ist, dass unheimlich viel passiert ist seitdem.
Um das zu verstehen, muss man vermutlich erstmal über Schweigen reden. Und der Moderator meinte ja auch ob Anne den Eindruck gehabt hätte, da hätte sich etwas angestaut, was jetzt durch die Brüderle-Sache nur endlich hochkam. Ja, ich glaube genau das. Aber ich glaube auch, dass die meisten total unterschätzen, was da genau gelauert hat, seit wievielen Jahren und mit welcher zerstörerischen Kraft. Denn Schweigen – also das Gegenteil von #Aufschrei ist mit großem Abstand das dominierende gesellschaftliche Muster für jegliche Art von sexuellen Übergriffen. Und zwar so sehr, dass es mit dem Opfern selbst anfängt, unmittelbar wenn es passiert häufig. Es wird weitergeschwiegen von den Müttern und Vätern, Freunden, Leuten die dabei waren, Medien, Pfarrern, Sozialarbeitern. Und natürlich können die Täter so unglaublich komfortabel auf den allgemein gültigen, absolut undurchlässigen Mantel des Schweigens setzen. Der übrigens unterschiedlich daherkommt, also z.B. gerne auch in der Form der Verniedlichung, wenn nichts sagen halt grad keine Option ist (wie man schön am Bundespräsidenten sehen konnte).
Das Opfer-Schweigen ist hart, langanhaltend und zerstörerisch. In meinem Fall hat es z.B. etwa 30 Jahre gedauert, bis ich erstmals gegenüber meiner Frau und dann meinem Therapeuten von einem Übergriff eines Freundes meiner Mutter erzählen konnte, der mir, dem 10-jährigen fröhlichen Jungen auf einem dunklen Weg, wo ich ihm komplett ausgeliefert war zwischen die Beine griff. Es hat nochmal zwei Jahre gedauert, bis ich meine Mutter erstmals darauf ansprechen konnte. In Summe also etwa 32 Jahre vom Übergriff bis zur Ansprache bei einer Schutzperson. Und ich schäme mich jetzt fast noch darüber zu reden*, während ich dies hier schreibe. Weil ich ja nicht vergewaltigt wurde. Weil es doch gar nicht so schlimm war. Weil ich mich nicht so haben sollte. Aber dieses Arschloch hat mir verdammt nochmal Horror-Angst gemacht damals, er hat alle Grenzen überschritten, mein Vertrauen missbraucht und ausserdem trickreich qua Schweigen die Schuld auch noch in mich reingekippt. Schuld dafür, dass ich nichts gesagt habe, sondern seine Hand nur wegschob. Schuld vor allem weil ich Angst davor habe, was er in den 30 Jahren seit damals alles getan hat, und dass ich es hätte verhindern können. Und zur Schuld natürlich diverse Angstvisionen, Therapiesitzungen in denen ich mühsam Schritt für Schritt diesen Weg mit meinem Therapeuten wieder abschreite, Tränen während ich dies schreibe usw.
Und ich kenne zig Beispiele aus meinem engeren Bekanntenkreis von Menschen, meistens Frauen natürlich die in irgendeiner Weise ähnliche Erfahrungen hatten (häufig unendlich viel schlimmere), ähnlich lange geschwiegen haben, ähnlich verwüstete Flecken in sich drin ein Leben lang mit sich rumtragen dürfen. Und ich habe drei Töchter, was derzeit einer Wahrscheinlichkeit von 100% eines sexuellen Übergriffs auf eine davon entspricht. Ich kann mich jetzt schon darauf einstellen da als Vater gescheitert zu sein und mir nur wünschen, dass ich nicht erst nach 32 Jahren zur Hilfe geholt werde.
Ich weiss nicht genau, was der Anteil des Schweigens daran ist, also an den Folgeschäden. Ich befürchte er ist gross, man ist im Schweigen allein, es wuchert vor sich hin und man fühlt sich schuldig (auch sich selbst gegenüber). Ich weiss relativ genau, was Schweigen für Täter bedeutet, nämlich Komfort, freies Spiel und ausbleibende Strafverfolgung.
So. Die #Aufschrei Debatte hat das Schweigen gebrochen, wenigstens mal kurz und für ein paar Wochen. Ich bin nicht so naiv zu glauben, dass das halten würde. Aber ich sehe, was sich bei mir verändert hat, in meiner Firma (haben schon Vertrag mit einem Dienstleister gekündigt, der übergriffig war, auch das war bis dato verschwiegen worden), in der Öffentlichkeit, in der SPD mit ihren zahlreichen aufrichtigen Veranstaltungen in den letzten Wochen und an unzähligen anderen Stellen die ich jetzt nicht aufzählen kann. Ich finde die Initiatorinnen haben einen Publikumspreis für Mut und Aufklärung verdient, z.B. auf der re:publica.
Aber was wir nicht tun sollten ist irgendeinen Zweifel aufkommen lassen an der Richtigkeit und der starken Wirkung des Aufschreis. Das ist nur ein Schweigemechanismus zweiter Ordnung, der da angeschlichen kommt. Ich jedenfalls möchte dem unvermittelt in die Fresse hauen.

*und ich weiss genau, wie ich mich gleich wieder schlecht fühlen werde nachdem ich auf ‘publish’ gedrück habe, fuck it.

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Brüderle, so nah

February 6th, 2013 — 11:24pm

Als ich in den letzten Tagen wie viele aufmerksam die #aufschrei Debatte verfolgte, gab es diesen besonderen Moment, als ich kurz mal in mich reinhörte um etwas zu überprüfen. Der Auslöser war der Kommentar eines Journalisten, der meinte, der eigentliche Skandal bestünde darin, dass keiner der Journalisten-Kollegen an dieser Bar etwas gesagt hätte… Also, eine eigentlich unnötige Überprüfung, aber sie fand doch statt. Ausgehend vom Befund, dass dieses altväterliche Brüderle-Gehabe und überhaupt der Politik- und zugehörige Journalisten-Betrieb einem ja ganz und gar fern und fremd sei. Gestützt durch die Tatsache, dass ich ja in einer viel jüngeren und gänzlich offenen Branche arbeite, die so unmittelbar mit dem guten Internet verwoben ist. Daran denkend, was für zahlreiche innovative Dinge wir in der Firma auch noch tun und ausprobieren, Barcamps, offene Feedback-Formate, Familienfreundlichkeit, Eindampfen und Infragestellen von Hierarchien jeglicher Art usw.
Also eingewoben in all diese schützenden Gedanken stellte ich mir kurz die Frage, ob ich selbst schon mal Zeuge gewesen war von so einer Brüderle-Situation, also einem unangemessenen Übergriff auf eine Frau, egal welcher Art. Nur so theoretisch. Und fast hätte ich mich innerlich weggedreht mit nee, nee da ratterten die Szenen vor meinem Auge durch. Zahllose Fälle wo Kolleginnen unangemessen angemacht, angefasst, angestarrt und bedrängt wurden. Wirklich ohne Ende, im In- und Ausland, von Kollegen und Kunden, alle Variationen. Angefangen vom Hausmeister, der aus der Tür kommt und die Kollegin anfassen muss um an Ihr vorbeizukommen über eine andere Kollegin, die von einer Gruppe Kunden bedrängt wurde, bis hin zu völlig unangemessenen, herabwürdigenden und offen sexistischen Kommentaren eines Kollegen nebenbei in einer Team-Situation. Und sogar inkl. einer Kundenveranstaltung, auf der selbst meine Frau vom Geschäftsführer eines Kunden so angemacht wurde, dass sie sich in eine andere Ecke des Raumes geflüchtet hatte. Und endlos war die Liste selbst dann, wenn ich alle Fälle ausklammerte, wo Kolleginnen ein Verhältnis angedichtet wurde, sie übergangen wurden oder andere eher machtgetriebene Respektlosigkeiten am Start waren.
Und ich immer dabei, schweigend, nichts tuend. Unangenehm berührt, angeekelt, ja. Aber – und das obwohl ich das meiste in einer komfortablen Rolle als Chef erlebt habe – in keiner einzigen Situation einschreitend oder auch nur klar Stellung beziehend. Manchmal einen flapsigen, um Verbrüderung bemühten Kommentar, meist jedoch: Schweigen. Drüber hinwegsehen. Kein Aufhebens drum machen. Ich schäme mich wirklich dafür. Und ich bin überwältigt davon, welches leicht sichtbare Ausmaß es hat und wie bleiern das Schweigen, Ignorieren und Wegschauen drüber liegt. Das muss Aufhören. Und natürlich muss ich mir die Frage stellen, warum eigentlich? Es sind durchaus substantielle Werte, für die ich zu stehen meinte, die ich damit verletzt habe. Klar gibt es diesen Scham-Mechanismus, der übrigens bei allen sexistischen Übergriffen sofort greift und den die Täter sich immer und immer wieder zunutze machen. Ein bisschen frage ich mich allerdings auch, ob es ok ist sich – als Mann – auf diesen Mechanismus rauszureden. Und ob nicht doch sogar eine geheime Verklebung mit dem ganzen – kaschiert durch die Scham-Nummer – irgendwo mitwirkt. Wie ekelhaft. Ratlos.

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Letter to my greek friends

June 16th, 2012 — 9:29am

The first time i came to your country was when i was sixteen. Came with the train to Athens and then obviously with a ship to the Kyklades. What an amazing country, how friendly you were. But i also loved your way of living, for instance when we had to embark one of those big ferries your strategy was just to open the doors and wait until everybody (including big trucks, animals, kids) managed to either enter or move out of the ship. I returned several times with my wife, kids and a lot of friends. And we will come this summer once more.
But let’s not talk memories and how beautiful your country is – you are in big trouble. And i know that many of you are not only suffering and fearing their sheer existence and how to buy food for your kids (not to mention their education and their fear to never get a job), but you also feel guilty for what has happened to your country, and perhaps even more guilty what people are telling you will happen to the european union if you finally fail.
Because everything seems so obvious. Your government is spending more money than what they earn. There is a lot of debt. You cheated when entering the EU-System and now everyone feels like you created all this mess on your own.
But hold on.
Besides feeling terribly sorry when i see how your people are suffering, how people are living on the streets and fighting for their living just because there is no money for food and clothes for their babies – besides this.
And also besides the fact that you indeed are dealing with many things (like taxes for example) in a non optimal way – but which country in the EU could claim to not have problems like this? Italy? Germany? Which country did not rely on increasing their debt over the last 10 years? Not a single one.
So first of all i have the deep feeling, that you are suffering from something that was created by all of us and that we should all suffer from (or go to the root and change the whole thing). And given the fact that almost all EU countries are suffering from the same economical problems it’s so absolutely disproportionate what we are seeing on the news every evening. So please stop feeling guilty – even the cheating at the beginning should not be an exception simply because everyone knew, right? And if there is anyone that should feel guilty it’s the managers of Goldman Sachs, Deutsche Bank and their friends plus the ones on the political side who failed to implement efficient controls for the financial system.

And now to the central point. I am not an economist, but in times when even professors in economy seem to fail explaining what is going on that does not have to be a bad thing. So why did everyone know that you were cheating with the EU entrance criteria and no one stopped you? Why did we create a worldwide financial system that not only allowed the huge amounts of debt but also created unbelievable amount of profit for a few on top of it? And finally – why is my country, Germany doing so well where everyone is suffering?
Oh yes, we are more efficient, working harder, retiring at 67 and not 59. Sorry to forget.
Please my greek friends – do not believe this shit.
The European Union is one of the most fascinating political projects of our times and i always feel a little bit proud and amazed when i see those huge buildings in Brussels. And i truly believe that we should invest everything to create a true european union – built for people, humanity and democracy. But let’s get real. The European Union, especially the EURO was mainly built in favor oft he strongest members of that Union (and their big companies and banks) to create a unified market and a strong currency so that we can sell our goods to your country and easily move around money and let the financial system flourish.
Now this system crashed, and we should all have in our minds why it crashed and what actually crashed. Because it was not your country in the beginning but the Banking system, right? The system is actually shouting at you “don’t mess with the banks!”. And i think “we should start messing around with them”.
My dear Greek friends, please stop feeling guilty. And take our money, it’s actually yours. You are not only a beautiful country but almost everything that constitutes our democracy started on your ground. We have to fix the mess we created which is a system built to make money for a few and let the rest suffer or work for nothing. You can be a starting point to fix this, but unfortunately it’s not the time for dreams.

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Lieber Hermann Scheerer

November 24th, 2010 — 12:19am

Ich bin ja im Allgäu gross geworden – genaugenommen in Hindelang (heute “Bad Hindelang”). Das war nicht immer ganz einfach, denn die CSU hat nicht umsonst dort Wahlergebnisse jenseits von 60% – seit Jahrzehnten.

Als ich auf Gynmasium kam waren ein paar Einheimische – darunter meine bis dato besten Freunde – aus dem “Oberdorf” heruntergekommen um mich zu verprügeln – angeblich bildete ich mir ein etwas besseres zu sein usw. Mein grosser Bruder klärte die Situation.

Das Gymnasium selbst war nicht viel besser, ein 70er Betonklotz, geleitet von einem Strauß-Spezl und natürlich mit eisernen Prinzipien. Aber dennoch auch ein Fluchtort, Fenster zur Zivilisation und tatsächlich erster Hinweis auf “it get’s better”. Das hatte natürlich viel mit bestimmten Lehrern zu tun – wir wurden ja von einer lustigen Mischung aus 68ern und denen die diese einst bekämpften unterrichtet (z.B. Herr Madajewski der bis heute der Grund ist warum ich keine Komma-Regeln beherrsche).

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Liebe SPD…

September 26th, 2010 — 9:26am

…heute rufst Du deine Mitglieder in Berlin zum Bundesparteitag zusammen. Unter anderem wollt Ihr darüber sprechen, wie man die sog. “Integrationsverweigerer” stärker massregeln kann als das bisher geschieht.

Ach SPD. Ich verstehe schon. Sarrazin verkauft sein Buch wie geschnitten Brot und ein paar Marktforscher haben Euch gewarnt, Ihr könntet Zustimmung verlieren, wenn Ihr ihn ausschliesst. Da seid Ihr ein bisschen vorsichtig geworden – man will ja den Aufwärtstrend nicht leichtfertig verspielen. Und im Prinzip hat er ja recht, gell? Halt ein bisschen unglücklich formuliert hier und dort. Könnte man die offensichtliche Zustimmung in der Bevölkerung nicht sogar geschickt nutzen und für weiteren Rückenwind sorgen? Einen Versuch wäre es wert.

Oh wie falsch bist Du unterwegs damit SPD – Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wie sehr Du schon wieder anfängst Deine Seele zu verraten und Deine Freunde zu verschrecken.

Gibt es wirklich nur den Weg der Selbstaufgabe vor dem Pöbel? Der Anbiederung an Mehrheitstrends?

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Datenananyse und PR bei Apple

July 16th, 2010 — 9:23pm

Oh Apple. Du alte Ananysehippe. Du anankastische Datensaugglocke. Wo ist eigentlich dein Blow-Out-Preventer? Du vom Android übermannte. Aber wie poetisch Deine Gläser zerspringen. Und alle GPS codes suppen heraus aus Deinem bauchigen Gehäuse. Was denkst Du dir dabei? Ist es geil? Du mit Deinen Briefen und so. Und den Chefmails, angeblichen. Was kauerst Du da so rum? Leo hat mich beeindruckt mit Dir, das ist Jahre her. Eine Tüte von Deinem store an der avenue wahrte ich auf für lange Zeit. Zum Sammler machste mich. Ach Apple. Popapple.

[youtube]http://www.youtube.com/watch?v=j2_mPkV4Ri8[/youtube]

PS & Disclaimer: Dies war eine Auftragsarbeit

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